Unternehmensbewertung - Kunst oder Wissenschaft?
Es heißt oft, dass die Bewertung eines Unternehmens mehr Kunst als Wissenschaft ist – und das aus gutem Grund. Einfach nur Zahlen einzugeben und ein präzises, realitätsnahes Ergebnis zu erwarten, ist ein Trugschluss. Der wahre Wert eines Unternehmens geht weit über reine Kennzahlen hinaus – qualitative Faktoren wie Marktposition, Wachstumspotenzial und strategische Chancen spielen eine entscheidende Rolle.
Auf dieser Seite stellen wir Ihnen die gängigsten Bewertungsmethoden vor – von Multiplikatoren über DCF bis hin zur Sum-of-the-Parts-Bewertung. Jede Methode hat ihre Stärken und Schwächen, weshalb es in der Praxis meist am sinnvollsten ist, eine Kombination mehrerer Methoden zu wählen, um eine fundierte und belastbare Bewertung zu erhalten. Es ist zu beachten: Unternehmenswert ≠ Kaufpreis
Lesen Sie weiter und finden Sie heraus, welche Bewertungsmethoden am besten zu Ihrem Unternehmen passen!
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Substanzwertverfahren
Das Substanzwertverfahren ist eine der klassischen Bewertungsmethoden und basiert auf der Summe der vorhandenen materiellen und immateriellen Vermögenswerte eines Unternehmens. Es gibt an, welchen Wert ein Unternehmen hätte, wenn es mit seiner aktuellen Substanz neu aufgebaut werden müsste. Dabei werden nicht die zukünftigen Erträge, sondern ausschließlich die vorhandenen Werte berücksichtigt
- Ermittlung des Gesamtvermögens – Sachwerte wie Immobilien, Maschinen, Fahrzeuge sowie immaterielle Vermögenswerte wie Patente und Marken.
- Abzug der Verbindlichkeiten – Schulden, Rückstellungen und sonstige Verpflichtungen werden abgezogen.
- Berücksichtigung stiller Reserven – Vermögenswerte, deren Marktwert höher ist als der Buchwert, werden angepasst.
- Objektiv und Nachvollziehbar
- Ideal für kapitalintensive Unternehmen
- Einfache Anwendung
- Zukunftsperspektiven werden nicht berücksichtigt
- Ungeeignet für innovative oder wachstumsstarke Unternehmen
- Kein Marktwert-Indikator

Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren ist eine zentrale Methode zur Unternehmensbewertung, die den Fokus auf die zukünftige Ertragskraft eines Unternehmens legt. Im Gegensatz zum Substanzwertverfahren, das sich auf bestehende Vermögenswerte stützt, berechnet das Ertragswertverfahren den Unternehmenswert anhand der erwarteten Gewinne und diskontiert diese auf den heutigen Wert.
- Ermittlung der nachhaltig erzielbaren Erträge – Durchschnittliche Gewinne oder geplante Erträge werden als Basis genommen.
- Festlegung des Kapitalisierungszinssatzes – Ein Zinssatz, der das Risiko und alternative Anlagemöglichkeiten berücksichtigt.
- Diskontierung der Erträge – Die erwarteten Erträge werden mit dem Kapitalisierungszinssatz abgezinst, um den heutigen Unternehmenswert zu ermitteln.
- Zukunftsorientierte Bewertung
- Geeignet für Dienstleistungs- und Wachstumsunternehmen
- Beruht auf der Rentabilität
- Abhängigkeit von Prognosen
- Starke abhängigkeit von Kapitalisierungszinssatz
- Ungeeignet für Unternehmen mit schwankenden oder negativen Erträgen

Multiplikatorenmethode
Die Multiplikatorenmethode ist eine schnelle und praxisnahe Bewertungsmethode, bei der der Unternehmenswert anhand von Vergleichswerten ähnlicher Unternehmen ermittelt wird. Sie basiert auf der Annahme, dass Unternehmen mit vergleichbarer Struktur und Ertragskraft zu ähnlichen Kennzahlen bewertet werden.
Es gibt eine vielzahl an sinnvollen Multiplikatoren, im folgenden werden die am häufigsten verwendeten vorgestellt: Unternehmenswert(EV)/Umsatz, EV/EBITDA, EV/EBIT.
- Ermittlung der Multiplikatoren: Mit Hilfe von Datenbanken werden vergleichbare Transaktionen und börsennotierte Unternehmen herausgesucht und Ihre Multiplikatoren berechnet
- Anpassung der Multiplikatoren: Es wird ein Abschlag oder ein Aufschlag anhand des eigenen Unternehmens ermittelt
- Anwendung: Der angepasste Multiplikator wird auf die eigenen Kennzahlen angewendet
- Vergleichsweise einfache und schnelle Anwendung
- Praxisnaher Marktbezug
- Geeignet für fast alle Unternehmensarten und- größen
- 100% Vergleichbarkeit von Unternehmen oft schwierig
- Keine Berücksichtigung individueller Faktoren (Nur durch Anpassung anwendbar)
- Marktschwankungen beeinflussen den Wert

Discounted-Cash-Flow-Methode
Die Discounted Cash Flow (DCF)-Methode ist eine der präzisesten und meistgenutzten Methoden zur Unternehmensbewertung. Sie basiert auf der Abzinsung zukünftiger Cashflows, um den aktuellen Unternehmenswert zu ermitteln. Im Gegensatz zur Multiplikatoren- oder Substanzwertmethode berücksichtigt die DCF-Methode explizit die zukünftige Ertragskraft und das Risiko eines Unternehmens.
- Ermittlung der zukünftigen Cashflows – Prognose der freien Cashflows (FCF), die das Unternehmen voraussichtlich erwirtschaftet.
- Abzinsung der Cashflows – Die zukünftigen Cashflows werden mit einem Kapitalisierungszinssatz (WACC – Weighted Average Cost of Capital) auf den heutigen Wert diskontiert.
- Berechnung des Unternehmenswerts – Die abgezinsten Cashflows werden summiert und um einen Terminal Value (Restwert) ergänzt.
- Sehr präzise
- Zukunftsorientiert
- Flexibel für alle profitablen Unternehmen
- Hohe Sensitivität
- Komplexe Berechnung
- Schwierig für junge Unternehmen

Laveraged-Buy-Out-Methode
Die LBO-Methode (Leveraged Buyout) ist eine spezielle Bewertungsmethode, die vor allem von Private-Equity-Investoren genutzt wird. Sie basiert auf der Frage, wie viel ein Investor für ein Unternehmen zahlen kann, wenn der Kauf überwiegend fremdfinanziert wird und das Unternehmen selbst zur Rückzahlung der Schulden beiträgt. Der Fokus liegt dabei auf der erwarteten Rendite (Internal Rate of Return, IRR) und Money Multiples (MOI) des Investors.
- Ermittlung des Kaufpreises – Wie viel kann ein Investor unter Berücksichtigung der Fremdfinanzierung maximal für das Unternehmen zahlen?
- Kapitalstruktur festlegen – Bestimmung des Eigen- und Fremdkapitalanteils (z. B. 30 % Eigenkapital, 70 % Fremdkapital).
- Cashflow-Analyse – Prognose, ob die künftigen Cashflows ausreichen, um die aufgenommenen Schulden zu tilgen.
- Exit-Szenario definieren – Schätzung des zukünftigen Unternehmenswerts (z. B. durch Multiplikatoren), zu dem das Unternehmen verkauft wird.
- Berechnung der erwarteten Rendite (IRR) und Money Multiple (MOI) – Wird die Zielrendite (z. B. 20-25 %) für den Investor erreicht?
- Realitätsnah für Investoren
- Kapitalrendite im Fokus
- Berücksichtigt finanzielle Optimierungsmöglichkeiten
- Nur für profitable Unternehmen geeignet
- Komplexe Berechnung
- Ergebnis stark von Annahmen abhängig

Sum-of-the-Parts-Methode
Die Sum-of-the-Parts (SOTP)-Methode ist eine Bewertungsmethode, die vor allem bei diversifizierten Unternehmen oder Konzernen angewendet wird. Anstatt das Unternehmen als eine Einheit zu bewerten, werden die einzelnen Geschäftsbereiche separat bewertet, um den Gesamtwert des Unternehmens zu bestimmen. Diese Bewertungsmethode ist besonders sinnvoll für Unternehmen mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen, Tochtergesellschaften oder Beteiligungen.
- Identifikation der Geschäftsbereiche – Das Unternehmen wird in unabhängige Segmente oder Tochtergesellschaften aufgeteilt.
- Einzelbewertung der Segmente – Jede Einheit wird mit einer passenden Methode bewertet
- Summierung der Teilwerte – Die Werte der einzelnen Segmente werden addiert.
- Berücksichtigung von Schulden & Synergien – Verbindlichkeiten und mögliche Synergieeffekte werden abgezogen bzw. hinzugerechnet.
- Detaillierte Bewertung
- Geeignet für M&A- und Break-up-Szenarien
- Flexible Bewertungsmethode
- Hoher Aufwand
- Komplexität der Synergieeffekte
- Unterschätzung des Unternehmenswerts möglich
Die Bewertung eines Unternehmens kann auf ganz unterschiedlichen Wegen erfolgen – je nach Zielsetzung, Datenlage und Unternehmensstruktur. In unserer Übersicht haben wir zentrale Bewertungsmethoden vorgestellt und ihre Besonderheiten erläutert.
Darüber hinaus existieren weitere Bewertungsansätze, die vor allem in spezialisierten Fällen Anwendung finden. Eine umfassendere Darstellung zusätzlicher Verfahren bietet die IHK Nordschwarzwald.
Mehr dazu finden Sie hier: Methoden der Unternehmensbewertung
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